Gefördert durch die Volkswagen Stiftung
PI: Racha Kirakosian
Team-Mitglieder: to be announced
Dass eine „wissenschaftliche Revolution“ das europäische Mittelalter beendete und damit ein neues Zeitalter einläutete, kann angesichts der historischen Evidenz von Wissensordnungen und Wissensproduktion in den Jahrhunderten vor 1500 nicht mehr ohne Weiteres behauptet werden. Dabei bleiben Diskurse, in denen Wissen vermittelt und weiterverbreitet wurde, untererforscht und hier vor allem mit Hinblick auf die Wissensräume von als „ungelehrt“ geltenden Personen. Als „ungelehrt“ galt bereits, wer keine Universitätsausbildung genossen hatte, sodass diese nicht-scholastische Gruppe weite Teile der Bevölkerung umspannte und Analphabeten genauso umfasste wie städtische Händler und Klosterfrauen. Wissen – aus der Antike tradiertes ebenso wie neues, etwa aus Experimenten und Übersetzungen arabischer Texte gewonnenes – sickerte mit der Zeit in „universitätsferne“ Schichten, wurde aber im Zuge dieses Prozesses auch immer gefiltert und modifiziert. Im Rahmen des Momentum-Vorhabens untersucht Racha Kirakosian dialogische Formen der Wissensvermittlung, um auf diese Weise zu einer inklusiven Wissenschaftsgeschichte beizutragen, die auch die „Ungelehrten“ in ihrem Umgang mit Wissen berücksichtigt. Dazu wird ein größtenteils unerschlossenes Korpus aus dialogorientierten Texten aus der Zeit zwischen ca. 1150 bis 1650 n. Chr. digitalisiert und anschließend historiografisch und datenwissenschaftlich ausgewertet werden, um mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen unser Wissen über Wissenschaftsdiskurse im und über das Mittelalter zu erweitern. Außerdem wird ein neues dialogisches Lehrformat in Kooperation mit den Universitäten Stockholm und Strasbourg entwickelt werden.
